Bereits im Mai 2022 hatte die Kreistagsfraktion der AfD einen Antrag „Keine Parkgebühren am Schloss Wilhelmsthal“ als Dringlichkeitsantrag in den Kreistag (KT) eingebracht. Die Aufnahme auf die aktuelle Tagesordnung wurde jedoch von allen anderen Parteien des Kreistags abgelehnt.
Die AfD-Fraktion legte diesen Antrag zur Sitzung am 05.12.2022 als regulären, rechtzeitig eingereichten Antrag erneut vor. Auf der dem Kreistag vorhergehenden Sitzung des KT-Präsidiums (Mitglieder sind die Fraktionsvorsitzenden der Parteien) überraschte der KT-Vorsitzende Andreas Güttler unseren AfD-Fraktionsvorsitzenden Florian Kohlweg damit, dass er unseren Antrag für einen unzulässigen Resolutionsantrag erklärte, da die Kreisverwaltung an den Parkgebühren nichts ändern könne. Im Übrigen könne der Antrag in Jahresfrist nicht zweimal gestellt werden. Unzulässigerweise ließ er die Fraktionsvorsitzenden darüber abstimmen, den Antrag von der Tagesordnung zu nehmen. Natürlich waren alle anderen Parteien dafür.
Nun hat der KT-Vorsitzende durchaus das Recht, Anträge zurückzuweisen, etwa wenn sie einen beleidigenden Inhalt haben. Er muss diesen Verwaltungsakt aber juristisch schriftlich begründen und eine Rechtsbelehrung anfügen. Diese Arbeit wollte sich Herr Güttler aber offensichtlich nicht machen.
Wahrscheinlich auf Druck einiger Fraktionsvorsitzenden , die etwas zu spät merkten, dass der KT-Vorsitzende sie in seine fragwürdige Ablehnungsent- scheidung einbezogen hatte, musste Andreas Güttler vor dem Kreistag erklären, dass dieses Vorgehen gegen die AfD ausschließlich allein seine Entscheidung sei.
Wir bestanden darauf, ihren Antrag auf die Tagesordnung der Kreistagssitzung am 05.12. zu nehmen und beauftragte unseren Parteifreund, Rechtsanwalt Manfred Mattis, dies schriftlich anzumahnen und auf die Mitteilung von eventuellen Ablehnungsgründen zu bestehen.
Die Antwort des KT-Vorsitzenden fiel wie erwartet aus, so dass Rechtsanwalt Christoph Bassedow, Rechtsanwalt für Verwaltungsrecht aus Würzburg, beauftragt wurde, eine einstweilige Anordnung beim Verwaltungsgericht zu beantragen. Bassedow ist unseren Mitgliedern bekannt als Versammlungsleiter bei unseren Bundesparteitagen.
Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Kassel auf Erlass einer einstweiligen Anordnung war eindeutig:
– Da die AfD-Fraktion den Antrag rechtzeitig eingereicht habe, bestehe ein subjektives Recht diesen auf die Tagesordnung der KT-Sitzung zu nehmen. Der KT-Vorsitzende Güttler habe die AfD-Fraktion durch Nichtaufnahme des Antrags in ihren Rechten verletzt.
– Der vorliegende Resolutionsantrag sei zulässig, da der Landkreis Kassel durch die Maßnahme der MHK, einer Gesellschaft des Landes, besonders betroffen sei.
– Es sei gerade Sinn und Zweck von Resolutionsanträgen zu Umständen und Ereignissen auf dem gebiet des Landkreises Stellung beziehen zu können, ohne dass der Landkreis unmittelbar sachlich zuständig sei.
– Da eine inhaltliche Befassung mit dem Antrag im Mai 2022 nicht stattgefunden habe, greife der § 17 der Geschäftsordnung des Kreistags nicht, der eine zweimalige Vorlage in Jahresfrist verbietet.
Nun wollte das Gericht auch nicht zu nett zur AfD sein. Da die einstweilige Anordnung erst am Freitag, 02.12., erging und der Kreistag am Montag; 05.12., stattfand, befand das Gericht, dass Die Behandlung des Antrags erst auf der nachfolgenden Sitzung stattfinden solle. Die nächste reguläre Sitzung findet erst am 08. März 2023 statt.
Das Verwaltungsgericht Kassel folgte in allen Sachpunkten der Argumentation der AfD. Es stellte deutliche Pflichtverletzungen des Kreistagsvorsitzenden, Andreas Güttler, fest. Sowohl in der Diktion der Beschlussbegründung als auch in der Festsetzung eines hohen Streitwertes könnte ein neutraler Beobachter das Befremden oder den Unwillen des dreiköpfigen Gerichts sehen, sich mit solchen klaren Rechtsverstößen auseinandersetzen zu müssen.
Der Kreistagsvorsitzende, Andreas Güttler (SPD), muss sich fragen lassen, ob er die Geschäftsordnung des Kreistages, also seine zentrale Handlungsanweisung kennt und ob er diese auch überhaupt noch richtig interpretieren kann. Die
gerichtliche Nachhilfe in Sachen Geschäftsordnung hätte er sich wirklich ersparen können.
Am Rande: Der Fraktionsvorsitzende der SPD im Kreistag, Dieter Lengemann, Bürgermeister von Fuldabrück, stellte sich in der Sitzung des Kreistags am 05.12. vor das Kreisparlament und behauptete frech, dass das Verwaltungsgericht dem KT-Vorsitzenden in allen Punkten Recht gegeben habe. Dann aber, hätte es gar keine einstweilige Anordnung geben dürfen. Wirft Herr Lengemann wirklich dem Verwaltungsgericht Kassel Rechtsbeugung zu Gunsten der AfD vor? Schon lustig!
Fazit: Der Versuch des KT-Vorsitzenden die AfD-Fraktion, aus welchen rätselhaften Gründen auch immer, vorzuführen, ist gescheitert. Selbst altgediente KT-Parlamentarier können sich nicht erinnern, dass es jemals eine einstweilige Anordnung gegen den KT-Vorsitzenden gegeben habe. In früheren Zeiten wäre der Rücktritt des KT-Vorsitzenden nach diesem Skandal eine Selbstverständlichkeit gewesen.
Die AfD-Fraktion im Kreistag
des Landkreises Kassel